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CASTELLIERE (BURGRUINEN) - TEGNA


Auf einem Felsplateau über dem Dorf Tegna befindet sich eine der interessantesten archäologischen Stätten des Locarnese. Auch heute noch gut sichtbar, sind die Überreste der Burg von Tegna wichtige materielle Zeugen, welche es erlauben, unsere Geschichte über mehrere Jahrtausende zurück zu studieren.
Dank der topografischen Lage auf dem Gipfel einer natürlichen Absperrung am Eingang zum Valle Maggia und mit weitreichender Sicht auf das ganze umliegende  Territorium, welches bis zum Lago Maggiore reicht, war die Burg ein strategischer Ort für alle aufeinander folgenden Völker dieser Region. Auf relativ kleinem Raum ist es daher möglich, die verschiedenen Phasen der menschlichen Anwesenheit über einen besonders langen Zeitraum stratigraphisch zu verfolgen.

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Historische Hinweise
Die gefundenen Werkzeuge aus Stein und Kiesel bezeugen tatsächlich eine menschliche Frequentation des Hügels, welche auf die Jungsteinzeit zurückgeht
(5500-2200 v.Chr.), Epoche in welcher sich die ersten Völker dauerhaft in unserer
Region niederlassen.
Die zahlreichsten Zeugnisse – hauptsächlich Bruchstücke von Gefässen aus Keramik, aber auch Alltagsgegenstände wie Gewichte und Spindeln von Webstühlen - datieren jedoch aus der Bronzezeit (2200 – 950 v.Chr.). Aus dieser Epoche gibt es auf dem Hügel von Tegna tatsächlich eine Siedlung mit dauerhaftem oder saisonalem Charakter, die wahrscheinlich während der gesamten Eisenzeit (950 – 15 v.Chr.) bestehen bleibt.
Die römische Eroberung bringt substanzielle Änderungen in der Lebensart an Orten, die an der alpinen Handelsroute liegen; in den ersten Jahrhunderten der Römischen Epoche (15 v.Chr. – III Jh.n.Chr.) ist der Hügel tatsächlich schwach belebt, vielleicht zugunsten des wichtigen Zentrums von Muralto. Während den Umwälzungen, welche die letzten Jahrhunderte des Imperiums (IV - V Jh.n.Chr.) charakterisieren, wird das
Felsplateau wieder dauerhaft von einer Festung besetzt, die über die Transite wacht und bis ins frühe Mittelalter besteht (VI – VII Jh.n.Chr.).

Ausgrabungen und Funde
In den 40er-Jahren des letzten Jahrhunderts wurden unter der Leitung des Architekten A. Gerster archäologische Ausgrabungen ausgeführt. Die Arbeiten brachten Mauerreste der Siedlung zum Vorschein, sowie zahlreiche Fundstücke, welche verschiedene Bereiche des täglichen Lebens betreffen (überwiegend Bruchstücke von
Keramikgefässen von verschiedenster Art, Gefässe aus Speckstein, aber auch Klingen von Messern, Spindeln, die Spitze einer Lanze, Teile von Militärgürteln, Zierperlen,
Münzen…).

Im ebenen Teil in der Mitte der archäologischen Stätte, die insgesamt 41’000m2 misst, befinden sich die beeindruckendsten Überreste des Gebäudes.
Das Gebäude mit quadratischem Grundriss, dessen Bau zwischen Ende des IV und Anfang des V Jahrhunderts datiert ist, hatte mindestens zwei Eingänge, die den Zugang zu einer Reihe von Räumen ermöglichten, welche um einen grossen zentralen Platz angelegt waren. Im Zentrum des Letzteren befand sich ein Keller – vielleicht als Zisterne bestimmt – vollständig mit wasserdichtem Mörtel ausgekleidet (gestampfter Ton) und mit zwei Gewölbedecken überdacht. Die Stabilität des Gebäudes wurde durch diagonal verlaufende Strebepfeiler garantiert.
Das Gebäude war oft Gegenstand verschiedenster Interpretationen. In gewisser Weise  den keltischen Kultstätten ähnlich, wurde es mehrmals einem Tempel gleichgesetzt. Das Fehlen von Gegenständen die mit kultischen Praktiken in Verbindung gebracht werden könnten, der vorhandene Kellerraum, die diagonalen Mauern und die zahlreichen Zugänge lassen allerdings den Ausschluss einer solchen Interpretation zu.
Objekte, die dem militärischen Bereich zugeordnet werden können, erlauben es hingegen, den Standort der Burg von Tegna dem Befestigungssystem zur Verteidigung der Alpen zuzuschreiben, das im fünften Jahrhundert errichtet wurde.

Das Plateau ist ferner von einer Mauer umgeben, die in regelmässigen Abständen mit Türmen bestückt ist. Im Osten wurden zwei Begräbnisstätten von sehr jungen, wahrscheinlich gleichaltrigen, Menschen gefunden. Ein Brunnenschacht, dessen Datierung ungewiss bleibt, garantierte den Zugang zu Trinkwasser.
Verschiedene Umfassungs- oder Terrassenmauern, wie auch ein anderes Bauwerk, gehen sicherlich auf eine Epoche vor der römischen Eroberung (15 n.Chr.) zurück
und zeugen von der starken menschlichen Aktivität im Laufe der Jahrhunderte auf dem Vorgebirge.
Auf dem Gipfel des Hügels befindet sich ein Bauwerk mit dreieckigem Grundriss.
Die archäologischen Ausgrabungen haben keinerlei Fundstücke ans Licht gebracht. Es ist daher nicht möglich ihm eine Datierung oder eine Funktion zuzuschreiben. Es existiert jedoch die wiederkehrende Hypothese, dass es sich dabei um eine kleine mittelalterliche Festung handelt.

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In den Jahren 2016-2018 war die Stätte Gegenstand eines umfangreichen Eingriffs zur Sicherung der archäologischen Überreste. Das Projekt, das vom Patriziat von Tegna unter der Leitung des Amtes für das Kulturerbe des Kantons Tessin und der substanziellen Unterstützung des Nationalpark-Projekts des Locarnese geleitet wird, hat es auch ermöglicht, das gesamte Gebiet aufzuwerten. Es präsentiert sich heute als interessantes Ausflugsziel zur Entdeckung der ältesten Zeugnisse der Geschichte unserer Region.
 
Für weitergehende Informationen verweisen wir auf die Studien von M. Gillioz, Archäologe, welcher seine Diplomarbeit über die archäologische Stätte der Burgruinen
von Tegna geschrieben hat.